"Wir haben keine Fehlerkultur" heißt es häufig. "Vielleicht sollten wir Fehler mehr feiern?" und "Wir gehen sofort in Verteidigung, wenn etwas schief gelaufen ist." Dieses Verhalten, nämlich Verteidigen (und Angreifen, wenn's schlimm wird), soll in einer Fehlerkultur wegfallen.
Was ist die Alternative?

Im Gespräch fallen die Sätze schnell: "Nee, das war im Prinzip alles super" oder "so wie das gelaufen ist, war es alternativlos." Wir sind es gewohnt, unser Verhalten zu verteidigen. Eine übliche Finte ist, dass eigene Verhalten als alternativlos darzustellen.
Das Misstrauen sitzt tief. Wenn ich etwas als Fehler deklariere, zeige ich meine Inkompetenz. Das wird auf mich zurückfallen. In vielen Unternehmen werden zu keinem Zeitpunkt Fehler besprochen.
Vielen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ist nicht bewusst, dass sie derart handeln: "Bei uns ist alles super", "Wir verstehen uns sehr gut", "Wir haben keine Konflikte" und "Wir sind uns eigentlich immer einig". Diese Sätze können ein sehr gutes Unternehmen beschreiben. Sie können aber auch eine Organisation beschreiben, in der geschwiegen wird.
Eine gute Fehlerkultur steht auf dem "Wunschzettel" vieler Transitionsteams. Gemeint ist eine "gute Fehlerkultur". Eine "schlechte Fehlerkultur" besteht ja bereits.
Eine Lernkultur heißt: alle Beteiligten möchten und werden aus ihren und den Handlungen anderer immer lernen. Kultur zeigt sich immer in den Handlungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. An Stelle des Verleugnens und Verteidigens brauchen wir Reflexion und Ausprobieren.
Um dies zu erreichen, ist es notwendig, dass alle Führungskräfte vormachen, wie das geht. Und um die reflexartige Verteidigung von eigenem Verhalten zu vermeiden, solltet Ihr als Erstes anders fragen. An Stelle der Frage "Was habt Ihr da eigentlich falsch gemacht?" kann die Frage offener formuliert werden:
Diese Fragen öffnen den Raum: sie schließen im Finden alle Beteiligten (Fragende und Antwortende) ein -- und mit der Frage nach dem "anders machen" wird die direkte Bewertung der Situation vermieden.
Das ist erstmal nur eine küchenpsychologischer Trick. Aber genau dieser Schritt öffnet den Raum für die Betrachtung, warum bestimmte Entscheidungen / Handlungen beim letzten Mal erfolgt sind. Und was die Beteiligten nun anders machen könnten. Mit einer passenden Begründung geht es nicht mehr darum, etwas falsch gemacht zu haben. Es geht nun darum, beim nächsten Mal etwas anders, möglichst besser, zu machen.
Eine andere Möglichkeit, den Raum für Lernen zu öffnen, ist die Frage:
Diese Fragen könnt und sollt Ihr ritualisiert in Retrospektiven stellen. Aber in einer Lernkultur werden diese Fragen häufiger gestellt.
In einer Lernkultur gehört das ständige Hinterfragen der eigenen Handlungen zur täglichen Arbeit. Im 14. Prinzip des "The Toyota Way" wird das mit "Haisan" (ständiger Selbstreflexion) beschrieben. Damit gehört das Hinterfragen der eigenen Arbeit auch in das informelle Gespräch.
Fangt einfach damit an. Fragt nicht nach Fehlern, sucht nach Handlungsalternativen!