Der Satz "Feedback ist ein Geschenk" ist bereits in vielen Tonarten begegnet: warm, weich, nachdenklich, tief, echt einladend, böse, hart, sarkastisch, vergiftet haben wir diesen Satz schon gehört.
Wie wird Feedback zu einem guten, echten Geschenk, dass alle Beteiligten bereichert + als bereichernd empfunden wird?
Feedback = Rückkopplung.
Im Wiktionary findet sich folgende Definition des Wortes "Feedback": "Herkunft: [1] im 20 Jahrhundert von englisch feedback → en entlehnt, das aus feed → (en) „füttern, nähren“ und back → (en) „zurück“ zusammengesetzt ist. Synonyme: [1] Antwort, Reaktion, Rückkopplung, Rückmeldung." (Stand: 05/2023)
In der BERATUNG JUDITH ANDRESEN nutzen wir Feedback im Dreiklang:
- Wertfreie Beobachtungen äußern
- Eigene Reaktion erläutern
- Impuls formulieren
und verstehen Feedback als ein (Lern-)Geschenk, als ein Angebot zum Lernen, zur Entwicklung, zum Eröffnen neuer Perspektiven, zur Entwicklung, zur positiven Veränderung.
Diese Art des Feedbacks trennt die beschreibbare Beobachtung von der Reaktion (also der Gefühlswelt + nachfolgenden Interpretationen + Bewertungen) des*der Feedbackgeber*in und macht so den Impuls hoffentlich nachvollziehbar, mehr noch verständlich.
Damit Feedback gelingt, braucht es beide Seiten: die Bereitschaft + das Können, Feedback zu geben - und die Bereitschaft + das Können, Feedback zu nehmen.
Feedback nehmen.
Das Geben von Feedback ist mit dieser Methode in drei Punkte unterteilt. Das Nehmen im Prinzip auch:
- Nachvollziehen, wie sich eine Situation für das Gegenüber darstellt.
- Erkennen, wie sich das für das Gegenüber anfühlt und welche Konsequenzen das für das Gegenüber hat.
- Verstehen, welcher Impuls daraus entsteht.
Damit das gelingen kann, braucht es Ruhe + die Bereitschaft, sich auf die Welt des Gegenübers einzulassen. Wenn das gelingt, soll der Satz "Feedback ist ein Geschenk" den Feedbacknehmer*innen helfen, einen für sich guten Umgang mit dem Feedback zu finden.
"Was ist eigentlich ein Geschenk?"
"Wie funktioniert Beschenktwerden eigentlich?"
könnten Folgefragen sein, die den Feedbacknehmer*innen hilfreich sein könnten, Feedback wirklich anzunehmen.
Geschenke: alles an Gefühlen ist möglich.
Mit Geschenken ist das ja so eine Sache. Manche Menschen schenken gerne, manche werden auch gerne beschenkt. Und für manche gilt das Gegenteil. Die Reaktionen auf Geschenke können ja ganz unterschiedlich sein:
- Pure Freude,
- Überraschung,
- Glück über ein erfülltes Bedürfnis,
- Verwunderung,
- Verärgerung,
- Wut.
Denn nur nicht das Geschenk, sondern auch der Moment müssen passen. Und die Frage, was der*die Schenker*in sich bei diesem Geschenk wohl gedacht haben möge, kennt Ihr vielleicht auch?
Geschenke: wann + wie auspacken?
"Gesprächsbereitschaft herstellen" heißt es häufig, wenn es um Feedback geht. Und das in bilateraler Prozess: die eine Seite fragt: "Passt es? Hast Du Zeit + Muße, Dich auf meine Wahrnehmung, meine Gefühle, meinen Impuls einzulassen?" und die andere Seite fragt sich: "Habe ich genau dafür Zeit + Muße, mich darauf einzulassen? Bin ich genügend bei mir, kann ich eine andere Sicht zulassen, kann ich mich auf jemanden anderen einlassen? Passt das für mich?"
Menschen gehen unterschiedlich mit Geschenken um.
Manche sehen sich verpflichtet, diese sofort auszupacken + sich auch sofort zu bedanken. Wenn das Euer Bild von Geschenken ist, übersetzt sich das ja zu "nimm den Impuls der Feedbackgeber*innen, bearbeite den nicht, sondern befolge, erfülle!"
Es besteht keine Verpflichtung, den Impuls der Feedbackgeber*innen sofort aufzugreifen + 1:1 umzusetzen.
Nein, das macht keinen Spaß + bietet keine Bereicherung. Das klingt nach Zwang + Druck. Und nicht nach Begegnung + Lernen.
Weit verbreitet ist die Benimmregel, sich sofort für Geschenke bedanken zu müssen. Wenn sich der Satz "Feedback ist ein Geschenk" sich direkt in eine "ich muss dankbar sein" übersetzt, wird es
auch schwierig. Die Worte "müssen" + "dankbar" funktionieren in Kombination nicht gut. Vielleicht können die Feedbacknehmer*innen sehen, dass die Feedbackgeber*innen sich Mühe gemacht haben, das
Feedback als Solches gut zu formulieren. Diese Bemühung ruft vielleicht sofort Dank hervor. Vielleicht auch nicht, weil die Botschaft in den Feedbacknehmer*innen direkt innere Arbeit ausgelöst
hat.
Formuliert Dank nur, wenn Ihr Dank empfindet.
Auspacken + Begucken des Geschenks darf Zeit brauchen. Genauso wird es brauchen, bis Ihr wisst, ob + was das Feedback Euch gebracht habt. Wenn Ihr das wisst, wäre eine Rückmeldung gut. Das kann Dank sein, muss es aber nicht. Was Ihr vielleicht schon früh sehen könnt: dass sich Euer Gegenüber bemüht, Euch annehmbar seine*ihre Gedanken + Gefühle zu vermitteln. Wenn Ihr das spürt, solltet Ihr das entsprechend + unmittelbar vermitteln.
Ich höre, was Du sagst. Ich danke Dir für Deine wohlüberlegten Worte + Deine Zeit + Deine Bemühungen um mich. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das Gesagte wirklich verstehe. Bitte lasse mir etwas Zeit. Ich brauche diese, um Dein Feedback zu verarbeiten.
Dieses "Danke" bezieht sich auf die Form, nicht auf den Inhalt des Feedbacks. Denn: Ihr könnt Euch entscheiden, ob Ihr das Feedback annehmen möchtet oder nicht. Dafür braucht es Zeit + Muße.
Andere legen verpackte Geschenke zur Seite, um sich in Ruhe mit dem Geschenk auseinanderzusetzen, wenn es für sie zeitlich + emotional passt. Und überlegen sich in Ruhe eine Reaktion. Und das könnte Dank, aber auch eine Rückgabe des Geschenks sein.
Manche lehnen Geschenke zu bestimmten Anlässen + in besonderen Zeiten generell ab.
Und manchmal passt es eben gerade gar nicht, weil viel los ist, innerlich wie äußerlich. Und Selbstfürsorge kann es auch sein, die Baustellen nicht noch größer zu machen und nach innerer Stabilität zu suchen.
Geschenke: wie darauf reagieren?
Menschen können sehr wertende Gedanken zu Geschenken haben:
- "Das kann ich nicht annehmen, das ist viel zu teuer."
- "Aber wir schenken uns doch noch nichts."
- "Womit habe ich das verdient?"
- "Jetzt habe ich gar nichts für Dich!"
Wenn das eigenen Erleben häufiger negative Gefühle auf Beschenktwerden und/oder sich eine Wertewelt zeigt, in der Geschenke immer aufgewogen werden müssen, wird die Aussage "Feedback ist ein Geschenk" schwierig. Was ist der Wert, wie geht Aufwiegen -- und wie gehe ich damit um, wenn ich nicht nur die Wahrnehmung des Anderen höre, sondern innerlich mitmetere, mich nicht gesehen fühle, übersehen, überhört fühle? Wenn ich das Feedback als ungerecht empfinde? Wenn ich das Gehörte als grenzüberschreitend, übergriffig, unfair empfinde, wenn ich wütend werde? Parallel gilt ja die zweite Feedbackregel: "Feedback ist eine Einbahnstraße." Ja, hoscha, jetzt wird es aber bunt:
Schweigen zu müssen + innerlich Ungerechtigkeit zu spüren sind kein Geschenk, sondern eine Zumutung.
Nachvollzuziehen, wie sich die Geschichte aus der Sicht + mit den Sinnen eines Anderen dargestellt hat, ist anstrengend. Braucht es doch die innere Ruhe + Gelassenheit, die Wahrnehmung des Anderen auch wertungsfrei zu hören.
Es braucht auch den Versuch, die Reaktion des Gegenübers zu erkennen, ohne selbst in den Verteidigungsmodus zu gehen.
Und am Ende unterscheidet ein Feedback genau an dieser Stelle von einem Führungsimpuls mit der Frage:
"Du, ich habe ein Feedback, ein Geschenk, für Dich. Hast Du die Zeit + Lust, das Geschenk auszupacken, anzusehen + Dich zu fragen, ob es für Dich passend ist?"
Und selbst, wenn die Antwort darauf "ja" ist, kann es sein, dass das Geschenk dennoch schwer anzunehmen ist. Weil der*die Feedbacknehmer*in nachvollziehen, nachfühlen + verstehen kann, was dem*der Feedbackgeber*in in deren Welt passiert ist, was sie fühlen + was sie sich deswegen wünschen.
Ein weiteres Bonmot ist ja, dass das Feedback mehr über die Feedbackgeber*innen als über die Feedbacknehmer*innen sage. Es ist Arbeit, die Wahrnehmung des Gegenübers + die Reaktionen empathisch nachzuvollziehen; und es ist Arbeit, den geäußerten Impuls zu begucken, zu bewerten + daraus sein Eigenes abzuleiten.
So wird Feedback ist nicht nur zu einem Geschenk, sondern zu einem Lerngeschenk. Lernen ist nicht immer nur schön + leicht. Die J-Kurve fordert Tribut. Und genau dann kann Feedbacknehmen ganz schön anstrengend werden + fordern. Denn womöglich führt das Nachvollziehen + Verstehen von bisher unbekannten Wahrnehmungen + Reaktionen dazu, eine anderes, neues, unbekanntes Vorgehen ausprobieren zu wollen. Das ist meist nicht gefällig, sondern gelingt nur Schritt für Schritt, womöglich mit eigenen Ängsten jonglierend oder jenseits der eigenen Komfortzone. Und genau dabei kann das Feedback helfen: vor Augen zu haben, was der*diejenige zukünftig erreichen und/oder bewirken möchte.
Wenn das Feedbackgeben + -nehmen gelingt, dann ist so vieles möglich: Entwicklung + eine unter dem Strich positive Veränderung - für die Feedbackgeber*innen, für die -nehmerinnen + und wenn es besonders gut läuft, für alle zusammen.
Und das ist eine echte Bereicherung, eine wunderbare Überraschung, kurzum: ein wahres Geschenk.
Wenn Ihr in Eurem Team oder in Eurer Organisation Feedback nutzen möchtet, um Lernen + Entwicklung zu ermöglichen, unterstützen wir Euch gerne mit Training + Coaching.
Autorin: Judith Andresen
Agile Coachin + agile Organisationsentwicklerin
Autorin der Fachbücher "Retrospektiven in agilen Projekten", "Agiles Coaching" + "Agile Organisationsentwicklung"
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