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SAG ES - eine Methode, um Konflikte lösbar zu machen.

Ungelöste Konflikte - egal ob heiß oder kalt - rauben kontinuierlich Energie und belasten mindestens eine der beteiligten Parteien. In unserem Artikel "In (verteilten) Teams Konflikte erkennen + lösen." haben wir bereits beschrieben, wie wichtig das Herstellen der Gesprächsbereitschaft und das Benennen des Konflikts ist. 

Und trotzdem scheuen wir uns häufig davor, Konflikte aktiv anzusprechen. Woran liegt das?

  • Wir sind unsicher, wie wir den Konflikt ansprechen können, ohne diesen weiter zu eskalieren.
  • Wir haben Angst davor, den*die Andere*n durch das Thematisieren des Konflikts zu verletzen - oder gar selbst verletzt zu werden.

Die Hürde scheint groß. Nicht selten verlässt uns der Mut, und wir weichen dem Konflikt mit einem uns selbst beschwichtigenden "So wichtig ist das doch eigentlich gar nicht!" aus. 

Wir wollen Euch heute die Methode SAG ES an die Hand geben: eine genauso einfache wie wirkungsvolle Methode, um einen Konflikte anzusprechen und zu einer konstruktiven Konfliktlösung einzuladen.

 

Unterstützen bei der Vorstellung der Methode wird uns Paula. Paula ist 33 Jahre alt und arbeitet seit einem halben Jahr als Teamleiterin in einem mittelständischen IT- Unternehmen. Zuvor war sie acht Jahre als Datenbankentwicklerin im selben Unternehmen tätig. In ihrer neuen Rolle ist sie gut angekommen. Mit viel Freude führt Sie ihr Team aus vier Mitarbeiter*innen. Das Verhältnis zu den Mitarbeiter*innen beschreibt sie als sehr gut. "Ich wurde von Anfang an akzeptiert, ich habe ein großes Vertrauen in das Team und jede*n einzelne*n Mitarbeiter*in", sagt sie über das Team.

 

Anders sieht es da mit ihrem Teamleiter-Kollegen Jona aus. Jona war früher ihr Vorgesetzter. "Damals hatten wir ein sehr gutes Verhältnis.", erzählt Paula. Jona selbst sei es gewesen, der ihre Entwicklung zur Führungskraft angestoßen und gefördert habe. Doch in den letzten Wochen empfindet Paula das Verhalten von Jona als ungewohnt ablehnend. Zwei Einladungen zu einem virtuellen Kaffeetrinken hat er bereits ignoriert. In der gemeinsamen Teamleiter*innenrunde ist er ihr wiederholt ins Wort gefallen. Ihren Vorschlag, die Teams selbst an der Projektakquise zu beteiligen, habe er, so ihre Worte, "vor den Kolleg*innen in der Luft zerrissen". 

 

Die Situation macht Paula zunehmend zu schaffen.

  • Das anfängliche selbstkritische Grübeln "Was habe ich falsch gemacht?" ist zunehmendem Ärger gewichen:
  • "Was bildet der sich eigentlich ein, so auf mich herabzuschauen?!".
  • Immer öfter bringt sie den Konflikt mit in den Feierabend und sucht Rat bei ihrer Lebenspartnerin.
  • Die schlägt ihr schließlich vor, den Konflikt offen anzusprechen. "Aber wie soll ich das hinbekommen, ohne dass es noch weiter eskaliert?" fragt Paula. 

Die MEthode "SAG ES"

 Hier kommt die Methode SAG ES ins Spiel: Die Methode ähnelt im Aufbau "Feedback im Dreiklang", ergänzt diese jedoch um die Sichtweise der anderen Person. Denn meist liegen einem Konflikt unterschiedliche Sichtweisen auf dasselbe Thema zugrunde. Wir alle nehmen Dinge unterschiedlich wahr und interpretieren diese basierend auf unseren Erfahrungen, Werten oder Glaubenssätzen ganz verschieden. Halten unsere Sicht aber oft für die einzig mögliche oder richtige.

 

Wenn es uns gelingt, auch andere Sichtweisen zuzulassen, andere Interpretationen zu hören und nachzuvollziehen - ist ein großer Schritt in Richtung Konfliktlösung getan.

Mit SAG ES geben wir Euch eine ganz einfache Struktur an die Hand, die es Euch ermöglicht, zunächst die eigene Sicht darzustellen und dann aktiv den Raum für die Sichtweise des*der Anderen zu öffnen.

Erst durch das Teilen der beiden Sichtweisen entsteht ein gemeinsamer Lösungsraum.

S Sichtweise ansprechen. "Ich habe gehört...", "Mir ist aufgefallen...."
A Auswirkungen beschreiben. "Das heißt für mich...", "Auf mich wirkt das..."
G Gefühle benennen. "Mir geht es damit...", "Ich fühle mich...."
E Erfragen, wie der*die Andere die Situation sieht. "Wie siehst Du das?"
S Schlussfolgerungen ziehen. "Ich wünsche mir....", "Was können wir tun, um das zu ändern?"

Paula prüft in Jonas Kalender, wann er für ein Telefonat verfügbar ist und macht sich ein paar Geprächsnotizen. Sie atmet noch einmal tief durch. Dann ruft sie Jona an. 

 

"Hallo Jona!" sagt sie "Ich brauche mal ein paar Minuten Deiner Zeit, passt es bei Dir jetzt?" "Ist es denn wichtig? Ich habe noch so viel anderes auf dem Tisch..." antwortet Jona ablehnend. "Ja, das ist es, und es ist dringend. Passt es jetzt, oder soll ich in einer halben Stunde noch einmal anrufen?" - "Nein, dann sag schon." antwortet Jona resigniert.  

 S "Mir ist aufgefallen, dass Du meine Einladungen zum Kaffeetrinken in den letzten Wochen nicht beantwortet hast. In den letzten Teamleiter*innenmeetings bist Du mir wiederholt ins Wort gefallen. Und meine Idee, die Projektakquise in die Teams zu geben, hast Du mit einem lachenden "Das klappt doch niemals!" ohne weiteres Nachfragen abgelehnt."
A "Nach Deinem Kommentar hat vermutlich niemand aus der Teamleiter*innenrunde mehr Interesse an meiner Idee zur Projektakquise. Meine Meinung in der Teamleiter*innenrunde halte ich jetzt immer häufiger zurück, weil ich keine Lust habe, dass mir ständig jemand ins Wort fällt. Und gemeinsame Kaffeetrinken werde ich wohl zukünftig auch nicht mehr vorschlagen."
G Dabei waren die Kaffeetreffen für mich immer wichtig und inspirierend. Und auch die Diskussionen in der Teamleiter*innenrunde mit Dir habe ich sehr geschätzt. Aber jetzt fühle ich mich einfach nur fallengelassen. Das macht mich traurig. Ich frage mich, was ich falsch gemacht habe. Und merke, dass ich keine Lust mehr habe, mir immer wieder eine neue Abfuhr von Dir einzuhandeln. Ich weiß doch, dass Du viel erfahrener bist als ich. Das wollte ich niemals in Frage stellen, falls das das Problem ist."
E

Nach ein paar Sekunden räuspert der sich. "Paula....." sagt er. "Hast Du das wirklich so empfunden? Stimmt, jetzt wo ich so darüber nachdenke. Das hat mit Dir aber gar nichts zu tun, um Himmels Willen! Meiner Frau geht es gerade nicht gut, ich muss mich gerade ganz alleine um die Kinder kümmern, ich weiß einfach nicht, wo mir der Kopf steht. Ich mag Deine frischen und neuen Ideen, gerade deshalb wollte ich doch, dass Du Teamleiterin wirst. Aber aktuell wird mir einfach alles zu viel. Und Deine Idee mit der Projektakquise - das würde einfach eine Menge Arbeit für uns bedeuten. Mir fehlt gerade einfach jegliche Energie, Dich dabei zu unterstützen - ich würde Dich aber unbedingt dabei unterstützten wollen. Da bin ich mit meiner Reaktion wohl etwas übers Ziel hinausgeschossen."

 S "Jona, das tut mir leid, dass es Deiner Frau nicht gut geht. Davon wusste ich nichts. Ich wünsche mir, dass Du das zukünftig aktiver ansprichst, wenn sich das auf Deine Arbeit auswirkt. Und ich das nicht erst dadurch merke, dass Du mir immer wieder ins Wort fällst. Vielleicht kann ich Dich ja auch auf der Arbeit ein wenig entlasten? Ich will Dir doch gar nicht mehr Arbeit machen - ich schätze einfach Deinen Rat sehr. Lass uns mal schauen, ob ich Dir nicht ein paar Themen von Deiner Liste abnehmen kann, und Du begleitest mich dabei nur beratend mit Deiner Expertise. Was hältst Du davon, wenn wir uns morgen früh zu einem Kaffee treffen und das mal im Detail besprechen?"

Dieses Mal war es für Paula noch sehr aufregend, den Konflikt anzusprechen. Wie so oft macht auch hier Übung den*die Meister*in.

 

Unsere Einladung an Dich: Trau Dich - und probiere die Methode "SAG ES" einfach mal aus. Du brauchst nicht gleich mit dem größten Konflikt zu beginnen. Nutze die Methode doch einfach mal, um mit Deinen Kolleg*innen direkt ins Gespräch zu kommen, wenn Dich etwas auch nur ein klein wenig stört. Damit verhinderst Du womöglich, dass ein größerer Konflikt überhaupt entstehen kann.

 

 

 

Wir vermitteln Dir (zum Beispiel in der gleichnamigen Master Class), wie Du Konflikte konstruktiv + wirksam bewältigen kannst. Wir bieten Dir, Deinem Team oder Deiner Organisation Unterstützung, damit Euch allen ein guter Konfliktumgang gelingt.

 

 

 

Andrea Spranger, Portraitfoto auf dem Seminarlieger VILLA HENRIETTE

Autorin: Andrea Spranger

Agile Coachin, Konfliktmediatorin + agile Organisationsentwicklerin

 

 

 

 

Mehr Informationen in "Über uns"

 

Judith Andresen, Portraitfoto auf dem Seminarlieger VILLA HENRIETTE

Autorin: Judith Andresen

Agile Coachin + agile Organisationsentwicklerin

Autorin der Fachbücher "Retrospektiven in agilen Projekten", "Agiles Coaching" + "Agile Organisationsentwicklung"

 

 

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