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Emotionen sind die Basis von Feedback.

Im Arbeitskontext begegnet uns oft eine große Sachlichkeit. Sachlichkeit ist wichtig. Wir treffen täglich Entscheidungen basierend auf unserem Fachwissen und Fakten. Wir treffen Entscheidungen als Team, als Führungskraft (disziplinarisch, fachlich oder prozessual) oder einfach in unserem Aufgabengebiet.

 

Es kommt wohl vor, dass wir falsche Entscheidungen treffen.

Das kann ärgerlich sein. Das kann auch richtig Geld kosten oder andere schwerwiegende Auswirkungen haben.

 

Genauso kann es passieren, dass andere aus unserem Umfeld falsche Entscheidungen treffen. Insbesondere als Führungskraft, aber auch innerhalb eines Teams ist es wichtig, auf Entscheidungen Feedback zu geben.

 

Dabei ist es irrelevant, ob wir die Entscheidungen für richtig oder falsch halten.  Feedback braucht es immer.

 

Wer nur "Feedback" gibt, wenn etwas schief gelaufen ist, wird kaum einen wertschätzenden Umgang miteinander pflegen. Diese Person reduziert Feedback auf Kritik.

Wer aber nur "Feedback " gibt, wenn es etwas zu loben gibt und Konflikte nicht austrägt, baut sich eine künstliche Harmonie.

Wir lernen im Arbeitskontext häufig, dass emotionale Äußerungen -- insbesondere dann, wenn sie auch im Ton zu hören sind, unangemessen sind. Schnell wird dafür plädiert, wieder auf die Sache zu gucken.

Aber schließen sich Emotionen und Sachlichkeit wirklich aus?

Wenn ich in einem Team oder in einer Organisation einen aufrichtigen Umgang auf Augenhöhe etablieren möchte, gehört auch Kritik und Reflexion zum täglichen Feedback dazu.

 

Wir können nur lernen, wenn wir uns damit auseinandersetzen, dass Entscheidungen, Abläufe oder Informationsflüsse auch mal schief gehen. Wenn diese negative Auswirkungen haben, dann werden wir auch negative Emotionen spüren.

Wir befinden uns also in einer Situation, in der wir Unangenehmes ansprechen müssen.

 

Wir können in dieser Situation natürlich so tun, als seien diese Emotionen gar nicht da, um vermeintlich professionell zu wirken.

 

Stattdessen könnten wir uns aber auch aktiv darum bemühen, unserem Gegenüber klar zu machen, welche emotionalen Auswirkungen das Handeln bei uns hat.

 

Denn wenn mich etwas emotional nicht berührt, warum habe ich dann das Verlangen Feedback auf eine Situation zu geben?

 

Wenn mir Fehlentscheidungen oder gar Fehlverhalten emotional egal wären, wäre das nicht ein Zeichen für fehlende Wertschätzung gegenüber meinen KollegInnen oder gar ein Zeichen für eine fehlende emotionale Bindung zur Organisation und meiner Arbeit? 

Damit Feedback annehmbar ist, muss es immer annehmbar formuliert sein:

  • Es muss nachvollziehbar sein.
  • Sich auf eine konkrete Situation beziehen.
  • Es muss klar machen, dass eine Verhaltensweise kritisiert wird.
  • Gleichzeitig geht es aber auch darum, meinem Gegenüber klar zu machen, dass eine Verhaltensweise immer eine Wirkung hat.

Die Wirkung auf mich ist dabei nicht anfechtbar. Sie kann nicht gewollt sein, sie kann unabsichtlich sein -- dennoch ist sie genauso da, wie ich sie erlebe und beschreibe. Um dies klar machen zu können, brauche ich meine Emotionalität. Es geht dabei nicht darum, mir wutentbrannt in lauten Worten Gehör zu schaffen. Sondern darum einen Gesprächsraum zu öffnen, in dem der/die FeedbackempfängerIn verstehen kann, welche Wirkung bei mir durch eine Verhaltensweise entstanden ist.

  • Ich muss also sagen, ob mich etwas gefreut oder geärgert hat.
  • Ob mich etwas irritiert, verletzt oder enttäuscht.
  • Diese Beschreibung der Emotion darf dabei auch in der Tonalität meiner Aussage spürbar werden -- denn sie ist ja da.
  • Wenn ich so tue, als sei sie nicht, geht sie davon nicht weg.
  • Im Gegenteil: Wenn es doof läuft, bleibt sie in mir vorhanden und beim nächsten Mal kommt sie in ihrer Wirkung doppelt zurück.

Es mag ein bisschen seltsam klingen, aber trotz aller Sachlichkeit sind wir als gesamter Mensch in unserem beruflichen Kontext tätig.

 

Wir ärgern uns, wir freuen uns, wir sind enttäuscht oder verletzt.

 

Wenn wir es schaffen diese Emotionen gegenüber unseren Kollegen und  Kolleginnen in die Sprachfähigkeit zu bringen und in ein annehmbares Feedback zu verpacken, dann ist das ein riesiger Schritt in Bezug auf die Zusammenarbeit und einen möglichen Kulturwandel. 


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Kommentare: 1
  • #1

    Kristina Böhlke (Montag, 17 Februar 2020 16:23)


    Dank eines Teilnehmers bei einem meiner Emotionstrainings habe ich für auf den weitverbreiteten Anspruch der "professionellen Distanz" im Berufsleben die Gegenfrage entwickelt: "Wieviel Distanz ist eigentlich noch professionell?"
    Es ist übrigens eine Frage, die je nach Kultur sehr unterschiedlich beantwortet wird.