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Wir streiten uns nicht!

Ein weiteres Bonmot unserer Coaching-Praxis ist der Ausspruch: "Wir verstehen uns alle super. Wir streiten nie".

 

Äh, ja. Wirklich? 
Und das ist gut?

Sich wirklich streiten, ist ja das eine. Also mit lauten Worten und körperlichen Drohgebärden die Meinung sagen. Und Meinungen austauschen ist das andere.

 

In Unternehmen kann das zweite verloren gehen, damit die Beteiligten nicht in die Gefahr kommen, das erste zu erleben. 

 

Die Klärung von Konflikten, also die Klärung unterschiedlicher Ansichten und Bedürfnisse, ist sehr wichtig. Wenn dies nicht geschieht, verhärten die unausgesprochenen Themen zu kalten Konflikten: "Mit dem spreche ich nicht" zeigt genauso die Demarkationslinie eines kalten Konflikts an wie: "Die soll mir genau sagen, was ich tun soll. Ich werde dann genau das tun". Solche Konflikte sind für die Abläufe teuer. Beteiligte nehmen Rücksicht und bauen drumherum oder suchen nach anderen Alternativen, die nicht notwendig wären, wenn der Konflikt nicht genau an dieser Stelle schlummerte.

Je größer eine Gruppe ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Beteiligte nicht einer Meinung sind. Es wäre ein Wunder, wenn immer alle gleich (ohne Austausch) der selben Meinung sind, oder der Geschäftsvorgang wäre immer trivial. Von beidem ist nicht auszugehen.

 

Wenn also die Beteiligten eine Kultur beschreiben, in der immer alle super-duper einer Meinung sind, lohnt es sich nach kalten Konflikten Ausschau zu halten. 

 

In vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist ein Anti-Bild eines oder einer wirklich doofen, anstrengenden Chef oder Chefin vertreten: fordernd, böse, verletzend -- und immer der eigenen Meinung. So wollen wir nicht sein. Wir hätten es gerne lieb und warm, gerade im beruflichen Umfeld. 

 

Das bringt uns dazu, Konflikte zu ignorieren. Wir sagen zu kleinen Kindern nicht: "Könntet Ihr mal zügig Eure Bedürfnisse miteinander aushandeln?". Wir sagen: "Hört auf, zu streiten!" Streit ist also etwas Negatives. Das lernen wir sehr früh.

 

Und schließlich übersehen wir Themen, die wir anders sehen oder wo sich eigene, andere Bedürfnisse zeigen. Denn "wir streiten uns nicht". 

Dabei ist es ganz einfach: Die Beteiligten formulieren, dass ein Konflikt da ist. Der ist nicht klein zu reden, aber auch auch nicht aufzubauschen. Es ist ganz einfach, das Thema anzugehen: 

Ich erkläre Dir, wo ich stehe, was ich brauche und was ich möchte.
Und ich versuche zu verstehen, wo Du stehst, was Du brauchst und was Du möchtest.

Das wird nicht zusammen passen im ersten Schritt. In vielen Fällen ist es im zweiten Schritt möglich, eine Lösung zu finden, die passt. Für Beide. 

Auf individueller Ebene mögen da die Moving Motivators helfen, die Sachlage aufzuzeigen und ins Gespräch kommen. Es könnte aber auch eine Mediation helfen. Oder eine Aufstellung auf einem SolutionBoard. In den meisten Fällen hilft ein gemeinsamer Spaziergang oder ein guter, gemeinsam getrunkener Kaffee. Mit Reden.

Nehmt Konflikte an und klärt sie!

Arbeiten Teams und Organisationen so, können sie mit recht sagen, dass sie sich gut verstehen. Weil sie in den Konflikt gehen, wenn es notwendig ist.


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