Agiles Arbeiten wirkt sich stets auch über Unternehmensgrenzen hinweg aus, beispielsweise hinsichtlich agiler Verträge mit den Kunden. Die neu ins Leben gerufene Konferenz „Agile Contracts“ machte deutlich, dass sich Unternehmen aller Größen damit beschäftigen, wie sie agile Vertragskonstrukte mit ihren Lieferanten stricken können. Auch Rechtsanwälte haben das Thema erkannt und wollen den Parteien mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Anjas Keynote auf der Agile Contracts
Das Dilemma: Agiles Vorgehen eignet sich besonders bei Themenstellungen, in denen das Endprodukt im Vorfeld nicht exakt beschrieben werden kann. Man beginnt und entwickelt iterativ und inkrementell in Richtung des benötigten Produkts und kann unterwegs auf Überraschungen und Sackgassen reagieren.
Wenn das Endprodukt aber nicht genau beschrieben werden kann, fallen alle Vertragskonstrukte weg, die dieses zum Gegenstand haben. Wie kann agiles Arbeiten über Unternehmensgrenzen hinweg dennoch gelingen?
Das Agile Manifest enthält eine klare Aussage zu diesem Thema:
„Zusammenarbeit mit dem Kunden über Vertragsverhandlungen“.
Das bedeutet, dass die Zusammenarbeit im Fokus stehen muss. Grundvoraussetzung für beide Vertragsparteien ist es, sich über die jeweiligen Motive klar zu werden.
Stellen wir uns den Gegenstand der Vertragsverhandlungen als eine Torte vor, die es zu verteilen gilt.
Solange auch nur eine der beiden Vertragsparteien mit der Frage beschäftigt ist, wie sie das größte Stück vom Kuchen bekommt, kann keine echte Zusammenarbeit gelingen.
Erst wenn beide Seiten die ehrliche innere Haltung entwickeln, eine faire Verteilung zu wollen und dann nicht direkt in den Streit um die Kirsche verfallen, ist die Grundlage für eine echte Zusammenarbeit geschaffen. Dabei müssen beide Vertragsparteien aushalten, dass die Verteilung der Torte mal zu Gunsten der einen und mal zu Gunsten der anderen Partei ausgehen kann.
Bei einer langfristigen und fairen Zusammenarbeit wird sich über die Zeit eine faire Verteilung einstellen.
In der Zusammenarbeit ist dann von beiden Parteien sicherzustellen, dass mit den verfügbaren Kräften das Produkt mit dem größtmöglichen Wert geschaffen wird.
Das geht nur, wenn nicht einerseits der Auftraggeber oder die Auftraggeberin bei einem Feature versucht, für eine vereinbarte Summe eine 120%-Lösung „herauszuholen“, und andererseits der Auftragnehmer oder die -nehmerin nicht versucht, durch „geschicktes Upselling" möglichst viel an dem Kunden zu verdienen.
Beide müssen ständig bemüht sein, die Lösung zu finden, die mit dem geringstmöglichen Aufwand den größtmöglichen Wert schafft.
Wenn Ihr also eine echte Zusammenarbeit anstrebt, ist es wichtig, euch über die eigene Haltung klar zu werden.
Wollt Ihr wirklich eine faire Verteilung der Torte?
Und seid Ihr mit Eurem Vertragspartner bestrebt, mit dem geringstmöglichen Aufwand den größtmöglichen Wert zu schaffen?
Dann ist aus meiner Sicht die Torte, die es zu verteilen gilt, groß genug, dass beide zufrieden nach Hause gehen – und weiterhin gerne zusammenarbeiten.
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