"Oh, was wollen die Nervensägen aus dem Controlling wieder!" meckert das Projektmanagement. Währenddessen ist das Entwicklungsteam sich sicher: "Die Pixelschubser wissen nicht, was sie tun"
Sprache bestimmt unseren Projekterfolg maßgeblich mit. Wer sich mit Sprache abgrenzt und nicht ein Team bildet, wird keinen Teamerfolg erleben.
Im Projektalltag ist die Versuchung groß, andere anzuklagen. Ziel dabei ist immer, die eigene Arbeit und die Arbeit des Kernteams zu ehren, während man die Anderen herabsetzt.
Das zeigt sich bereits in Funktionsaufrufen wie "git blame" (ein git annotate tut das Gleiche!). Auch Beschreibungen wie "unser Kunde ist ein Idiot", "unsere Admins sind das dreckige Dutzend", den Pixelschubsern, den Traumtänzern aus dem Konzept oder der "dusseligen Vorzimmerdame" grenzen das eigene Wirken gegen eine andere Gruppe ab.
Diese Abgrenzung verhindert Projekterfolg. Denn nur zusammen kann es funktionieren. Wir urteilen schnell, ob jemand zu uns oder "den Anderen" gehört. Gehört jemand zu den Anderen, teilen wir keinen Lösungsraum mehr. Im Projektalltag ist dies der Anfang des Scheiterns. Dies zeigte Linda Rising in ihrer Keynote auf den "agile testing days" in Potsdam eindrücklich:
Aber nicht nur die Gruppenzuteilung macht den Lösungsraum kleiner. Sprache selbst bestimmt den Projektverlauf.
In einer Studie der Stanford Universität zeigte sich, dass Probanden stark durch den Einleitungssatz eines Texts über die Kriminalität in der fiktiven Stadt Addison geführt wurden, als sie nach Gegenmaßnahmen zur Kriminalität befragt wurden. In einem ansonsten gleichen Text unterschied sich nur der Eingangssatz. Wurde die Kriminalität in dem einen Text als Virus bezeichnet, charakterisierte der andere Eingangssatz die Kriminalität als wildes Tier.
Die Lösungsstrategien wurden maßgeblich durch diesen Satz bestimmt. Während die einen Ursachen finden wollten und auf bessere, soziale Maßnahmen setzten, also nach Ursachen, nicht nach Symptomen des Virus Ausschau hielten, setzen die anderen auf eine strengere Gesetzgebung und eine starke Polizei.
Mit unserer Sprache, insbesondere unseren Charakterisierungen der Projektbeteiligten, bestimmen wir den möglichen Lösungsraum. Und wir verengen ihn, wenn wir "den Anderen" bereits sprachlich keinen Platz einräumen.
Was wir brauchen, ist Respekt voreinander und die Wertschätzung der Arbeit jedes Projektbeteiligten. Denn Respekt zeigt sich in wertschätzender Sprache. Das ist eine Aufforderung an jeden, jederzeit! Durch eine gemeinsame Zielsetzung, die alle Projektbeteiligten erarbeiten, wird der jeweilige Arbeitsanteil deutlich. Daraus wird Erfolgswille für das Team - und damit Erfolg im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung - erwachsen.
Dieses ist in der agilen Projektmethode verankert. Das sei Anlass zur Hoffnung, sagt Linda Rising. Recht hat sie.
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Heiko Harthun (Montag, 18 März 2013 11:50)
Sprachlich lässt sich der Erfolg (von Teambuilding) und das Verständnis von "wer ist im Team und wer nicht?" auch gut erfragen.
Selbst in einem Seminar schon. Teammitglieder in einem funktionierenden Team verteidigen sich gegenseitig, gegen Anfeindungen von "außen". In einem nicht funktionierenden Team verbrüdert sich der Angesprochene häufig mit dem "Angreifenden" und stimmt ihm zu.
Bsp:
"Dauert X bei Ihnen auch immer so ewig, bis DIE das endlich hinbekommen?"
a) "Und wie! Sie haben ja keine Ahnung wie lange wir immer auf auf X warten müssen."
b) "Wir kriegen das ganz gut hin und schaffen es auch immer pünktlich zu liefern, ich kann da nicht klagen."